Am Montag Abend ging’s bei der Retrospektive vom Berlin Mitte Institut mit Tanith und Wolle XDP um die Jahre 1995 bis 2003. Es war eine schöne Sendung, die mir den Montag Abend versüßt hat und eine Inspiration zugleich. Denn über diesen Zeitraum kann ich schon ein bisschen Mitreden und die eine oder andere Facette wäre von meinem Standpunkt aus auf jeden Fall noch hinzuzufügen. Immerhin gehöre ich ab 1995 zur ganz jungen (evtl. zweiten, dritten?) Techno-Generation und die ergreift jetzt hier das Wort! :) Und weil das ein etwas längerer Zeitraum ist, kommt dieses Posting in mehreren Teilen.
1995
Bis 95 war also das Techno/Rave Ding gewachsen und gewachsen und endlich war ich damals fast 16, so dass ich als Junge auch ne halbwegs realistische Chance hatte, Partys zu besuchen. Am Wochenende der Loveparade 95 war ich im Urlaub in Spanien und irgendwie war diese Loveparade bis dorthin zu spüren. Es war das Thema überhaupt. In der nahe am Zeltplatz gelegenen Disko waren wir fast jeden Abend und haben da auch sowas ähnliches wie Techno gehört. Ich hörte dort aber auch mein erstes wirkliches Techno-Mixtape und von diesem Moment an war ich mit dabei. Zurück in Deutschland besuchte ich zum ersten Mal einen Plattenladen und bald standen zwei Plattenspieler im Kinderzimmer – verbunden mit einem Mixer, den ich damals bei Westfalia gekauft hatte.
Musikalisch war für mich damals die große Zeit des Entdeckens und des Ausprobierens endlich weitgehend vorbei. Diskos waren für mich ab sofort kalter Kaffee. Lieber ging ich am Sonnabend zur Underground Technoparty im besetzten Haus um die Ecke und ich wusste, das ist mein Ding. Dort war nicht nur die Musik besser. Ich merkte auch sofort, dass es dort nicht darum ging sich völlig zu besaufen und danach sich gegenseitig ins Gesicht zu boxen – es ging um Musik, tanzen im absolutem Strobo-Nebel und eine gemeinsame gute Zeit. Während viele Ältere 1995 schon eine Zeit der Ernüchterung erlebten ging es für mich erst los. Ich erlebte damals in meiner Heimatstadt Halle (Saale) wohl ziemlich das selbe Gefühl welches viele, die von Anfang an mit dabei waren von 1989-91 aus Berlin berichten – eine Erlösung.
Der kommerzielle Rave trug unter anderem auf VIVA immer beklopptere Blüten (ich erinnere mich an Schlumpftechno, Happy Hardcore und ähnliches). Daneben entwickelte sich aber auch ein ziemlich frischer Techno-House Sound, der sich klar vom Kommerz abgrenzte. Das erste was ich davon mitbekam war die Losung: „Hardtrance ist tot!“ – ausgerufen von Mad Max auf seiner Sendung Stunde Null bei Radio Energy Sachsen. Wie es auch bei der Sendung mit Tanith und Wolle XDP angesprochen wurde, musste ab 1995 eine Abgrenzung her. Für Tanith war es zum Beispiel der Breakbeat – für die, die nach wie vor lieber auf die gerade Bassrum abfuhren war es die definitive Abgrenzung zum Trance. Täterätätä Flächen wurden verbannt, Trommelwirbel-Breaks gingen gar nicht und der 303 Acid-Sound wurde mit der Zeit immer weniger abgefeiert. Rückblickend finde ich, dass Underground-Tracks etwas roher wurden (zum Beispiel inspiriert von Green Velvet) und zugleich wurden diese Tracks immer subtiler arrangiert. Ob House oder Techno: Deepness war in irgendeiner Form die Erkenntnis, das Zauberwort und die Lösung. Fortsetzung folgt…
Mit „…Der kommerzielle Rave trug unter anderem auf VIVA immer beklopptere Blüten…“ hast du einerseits Recht- andererseits auch nicht.
Nachts kamen da ziemlich geile Ambient-Sendungen, wo FSOL, Orb usw. liefen. Das war quasi meine befreiung als 13 jähriger-ich hatte zuvor noch nie solche audio-visuellen Reize erlebt. Auch das Format Housefrau- u.a. mit Mate Galic als Moderator – war ziemlich gut.
Mich als 13 jähriger, ohne Cluberfahrung, hat das ziemlich geflasht und hat mir neue Horizonte abseits von Hardcore gezeigt.
okay. es gab sendungen, also sowas wie housefrau, die nicht nur kindergartentechno gespielt haben.. aber solche gäste wie dj hooligan, rmb, paul van dyk oder tom wax gehören für mich schon irgendwo zu dieser kategorie mainstream (hardtrance), zu der ich dann ziemlich schnell ne distanz aufgebaut hatte.
…einiges von Housefrau aus dem Jahre 1994.
http://www.youtube.com/watch?v=dkhJqFWMWek&feature=channel_page
http://www.youtube.com/watch?v=xBbF74JnKhI&feature=channel_page
http://www.youtube.com/watch?v=BP7R5_7-os8&feature=channel_page
http://www.youtube.com/watch?v=bdJeRNWM6oQ&feature=channel_page
mate galic himself…
http://www.youtube.com/watch?v=T9-BcBY36YA#
danke für die youtubelinks – schöne videos von 1994. und wie gesagt: ich will gar nichts gegen sendungen wie housefrau sagen. wenn man sich aber die entwicklung auf viva anguckt (stichwort mark oh), dann merkt man vielleicht, weshalb ab 1995 und spätestens 1996 ne abgrenzung zwischen komerztechno und -hmm, vielleicht underground- techno wichtig wurde. und das hell video hört leider da auf, wo celebration generation kommen soll. das war ja dann so ein komerz low spirit ding. zugegeben: ganz am anfang fand ich auch noch awex – it’s our future cool. als ich aber im september 1995 die erste richtige technoparty von innen gesehen hatte, war das für mich durch.