Walter Jones: I’ll Keep On Loving You (dfa 2212)

walter jonesFiltersatte Space-Disco auf dfa und dazu noch eine Coverversion einer prototypischen Stock, Aitken & Waterman Synthiepop-Produktion der mittleren 80er. Hipper und schlimmer gehts nimmer. Aber Walter Jones aus New Orleans (man kennt ihn von diversen Edits auf Cisco und Supersoul) und Gal Aner („Juju“ von Juju & Jordash) gehören zu den guten und durchbrechen mühelos die Erwartungshaltung die man einem solchen Stück entgegen stellen möchte, ja muss. Es hätte ja nur zu leicht ein vor schlichter Ironie triefender Electromüll daraus werden können. Aber weit gefehlt: durch konsequente Verlangsamung und in den Hintergrund schieben der allzu offensichtlichen Referenzen an das alte Jahrzehnt beginnt I’ll Keep On Loving You zu schweben. Noch dazu lässt Jones etwas Ambient in seine Disco, was mächtig zur Deepness beiträgt. Sehr Touchy-Feely. Wenn das Käse ist, dann ein handgeschöpfter Rohmilchcamembert aus der Normandie.

Toby Tobias: Space Shuffle Remixes (Rekids 039)

rekids Space Shuffle RemixesRekids geht in die Stranddisco. Zwischen den grimmigen Ravekloppern von Radio Slave bis Luke Solomon war Toby Tobias immer schon der lockere Clubhänger mit dem obligatorischen Longdrink. Die Remixe zu  seinem Album Space Shuffle vom letzten Jahr greifen sich nun auch genau die sonnigsten Momente heraus und bräunen diese noch mal kräftig nach. So ist Dave Ellesmeres Version von Schoon ein relaxter Deep-House Track mit wunderbar trockenen Beats. Der James Teej Mix von In Your Eyes bietet die große Balearen-Sause inklusive einer Horde Engländer „under the influence“, und Neo-Retro-Disco Darling Tensnake entführt mit seinem Mix des Stückes nach Rimini, ca. 1987.

René Breitbarth: Circle Circus (International Records Recordings: IRR004)

René Breitbarth Circle CircusDas von Ada kuratierte Areal-Sublabel IRR gehört mit seinen grob gerasterten visuellen Erscheinungsbild zu den interessantesten jüngeren Debütanten. Bislang konnte noch jede Veröffentlichung auf IRR, von John Daly, Ada zu DJ Koze, durch eine spezifische eigene Note überzeugen, durch Tracks die sich außerhalb der üblichen Trademarksounds der Protagonisten bewegten. Die aktuelle Laufnummer 004 bespielt nun René Breitbarth. Auch er mit zwei Stücken, die seinen gewohnten Klangraum, wenn nicht verlassen so doch mindestens deutlich erweitern.

Die von Breibarth in den letzten zehn Jahren auf Labels wie Treibstoff, Sub Static, Spectral Sound und seinem eigenen Deep Data Outlet zur Perfektion gebrachten warmen und überaus geschmeidigen Dub-Chords über einem Fundament weich-warmer Beats sind immer noch erkennbar, aber in den Hintergrund gerückt zugunsten frecher Computerspielsounds, Breaks und lärmigen Partien.

Und das kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn das oft ein wenig zu glatte Kunsthandwerk der Breitbarth’schen Produktionen hat bei mir in den letzten Jahren doch immer öfter Ermüdungserscheinungen ausgelöst. Damit ist erst mal Schluss: Circle Circus und Loco Motive sind zwei frische, lärmige und bestens gelaunte Slow-House Tracks mit Tiefgang. So kann es weiter gehen.

Ark & Dolibox: Be My Baby (Karat 40)

Ark & Dolibox Be My Baby Karat 40Wow, die allerliebst durchgeknallten Franzosen von Karat können auch anders. Die Tracks der neuen gemeinsamen EP von Ark und Dolibox sind anders als alles was sie bisher so gemacht haben und sie unterscheiden sich auch von den vom Cover (Arkzilla und das Dolibox-Alien auf Zerstörungstour durch Paris)  geweckten Erwartungen: Be My Baby ist deep, warm, entspannt und saumäßig lässig. Der von Ark gewohnte Samplewahnsinn mit verzerrtem durchs-Telefon-Gelaber ist nicht verschwunden, aber etwas in den Hintergrund getreten, zugunsten einer  freundlich fließenden, geschlossenen Trackarchitektur. Gerade im Titelstück funktioniert diese Kombination aus flächige deeper Funkyness und Sample-Schnitzeln aus alten Soul-Platten vorzüglich. Auf den beiden Tracks der B-Seite wuchert das Sample-Gestrüpp dann etwas heftiger und experimenteller. Insgesamt kann das, wie ich finde, mit den letzten Veröffentlichungen von Moody (ohne mann) und Theo Parrish locker mithalten.

Platten jekooft Nachtrag: von leichte_teile

henry L farsideHenry L – Basement EP (Farside FAR-OTRS 12)

Das ist eine schöne Überraschung. Ein altgedienter Drum’n’Bass Recke (Henry Lau) macht in Deep-House – und das gleich mal ziemlich perfekt. Der Novitätswert dieser EP ist so ziemlich null. Aber dieser superentspannte, warme und lässige Groove macht einfach direkt mal gute Laune. Balkonhängerhouse, auch im geringfügig wolkigeren Dub-Mix von Marcus Worgull.

Captain Hands – Dispel Disco (Moxie MX 018)

moxie 18 captain handsEine etwas ältere EP, deren spezieller Wahnsinn sich mir aber erst jetzt so richtig erschlossen hat. Captain Hands ist der Disco-Alias von Alfred Darlington, kalifornischer Berufsdandy, besser bekannt CutUp-HipHop Sample-Artist Daedelus. Die A Dispel Disco ist gerade noch so als hibbeliger Disco-Edit im Ed-Banger Kostüm zu hören, die B Night On, Night Off dreht die Schraube dann komplett über. Hört sich an wie zwei klassische House Tracks (einer davon möglicherweise der selbe beim dem Radioslave sich das Pianosample in RJ auf der Sex Tracks EP geborgt hat) gleichzeitig abgespielt und im Nebenraum mit einem Diktiergerät wieder aufgenommen.

Rick Wade – Intelligence (Laidrec 001)

rickwade laidDas langerwartete Debüt des Vinyl only Dial House-Sublabels Laid und Rick Wade, auch so einer der gerade seinen x-ten Frühling erleben darf, war da natürlich eine gute Wahl. Perfekter Deep-House mit taufeinen schwebenden Ambient-Flächen über warmen Seen aus Bass. Einzig bei den Beats könnte Wade sich mal etwas mehr einfallen lassen. So einen stumpfen Bumm-Tchak einfach durchlaufen zu lassen mit zwei Minuten Fade-In und -Out, das ist echt ein büschn wenig.

DJ Jus-Ed: Smallville, Kinda Soul & Underground Quality

Sommer. House. Da gehört doch was zusammen? Und wenns um neu-alte House Music geht, kann einer gerade nicht fehlen: DJ Jus-Ed, in der Groove ob seines clevern wirtschaftens vor kurzem als „House-Schwabe“ bezeichnet. Eventuell wird es bis zum medialen Backlash  nicht mehr lange dauern. Aber im Moment ist das House immer noch rund und der Underground noch Quality!

steinhoff hammouda smallvilleSteinhoff & Hammouda – Touch (Smallville 13)

Die Smallville Homeboys sind nach ihrer ersten eher technoiden EP jetzt auch beim Deep-House angekommen. Das Titelstück (featuring Dionne) kommt immer noch in einem eher minimalen Soundgewand daher, mit grummeligen Techno-Bässen, aber die „Klassiker“ schreienden Sounds des Roland TR909 weisen den Weg. Auf der Flipside hat Jus-Ed einen wunderbar flächigen Remix des Tracks You Are von ihrer ersten EP beigesteuert. Und natürlich wieder ein tolles Cover von smallville und mule electronic Hauskünstler Stefan Marx.

jus ed kinda soulJus-Ed – Our Children EP (Kinda Soul Recordings KSR-002)

Jus-Ed allein. Auf fremden Label macht er auch mal das, was er (meiner bescheidenen Meinung nach) am besten kann: leicht käsig trancige klassische Housetracks, ziemlich schnell. Aber sobald die Fläche kommt flieg ich mit. Muss ich.

VA – Minimal Soul Pt.2 (Underground Quality UQ-016PT-2)

Auf dem eigenen Label ist der Mut zum Experiment größer. Wo Minimal Soul Pt.1 noch den extremen Minimalismus alter Profan oder Baby Ford Platten durchdekliniert hat, kommt der zweite Teil noch etwas ungewöhnlicher daher: Gerade-ungerader Breakbeat mit stotternder Flächenmaschine. Gewöhnungsbedürftig, aber toll. Den Vogel ab schiesst aber Levon Vincent mit seinem Games Dub ab – ein kalt knallender Scheppersound mit Felgenbruch. Stoisch kaputt wie Omar S‘ Blown Valvetrane. Da fliegt mir doch das Blech weg.